Japanische Redewendungen, die sich auf die japanische Mentalität beziehen

7.1.2021

空気を読む　

kûki o yomu

Wörtlich übersetzt: Atmosphäre ablesen

Bedeutung: von meisten Teilnehmern unterstützten Gedanken nachempfinden und sich danach benehmen

Diese Redewendung wird hauptsächlich auf der persönlichen Ebene benutzt, z.B. unter Kameraden oder Kollegen, wenn sich jemand gegen den gemeinsamen Gedanken seiner Gruppe benimmt. Diese japanische Tendenz kann scheinbar Solidarität erzeugen, aber behindert manchmal freie Meinungsäußerungen und unabhängige Kreativität.

忖度する

sontaku suru

Bedeutung: die Gedanken seiner Vorgesetzten erraten und sich danach benehmen, um Karriere zu machen

Diese Redewendung wird oft auf der öffentlchen Ebene benutzt, in letzter Zeit besonders in der Beziehung zwischen der Regierung und den Bürokraten.

Seit dem Beginn des zweiten Abe-Kabinettes (2012) beherrscht die Regierung die Personalwesen der hohen Beamten. D.h.die Regierung hat das Recht, die Abteilungsdirektoren, und auch den parlamentarischen Sekretär jedes Ministeriums zu ersetzen. Diejenigen, die die Politik der Regierung nicht unterstützen, können keine Karriere machen. Dieses Privileg ist eigentlich ein unrechter Eingriff der Legislative in die Exektive. ( Yoshihide Suga verfügte als Kabinettssekretär der Abe-Regierung über dieses Privileg und übernahm es, als er der neue Premierminister wurde( 2020)).

Durch dieses Privileg passierten viele unrechten Ereignisse in der Zeit der Abe-Regierung.

1. Das Abe-Kabinett übte Druck auf das Minsterium für Gesundheit- Arbeit und Wohlfahrt aus, die Zahlen der Gehaltsbezogenen Statistik zu verzerren. Das akzeptierten die Beamten des Ministeriums durch „Sontaku“, so schien es, dass ab 2018 alle Arbeiter monatlich mehr Gehalt erhielten als im Vorjahr. Die wirtschaftliche Politik, sogenannte „Abenomics( economics of Abe)“ schien erfolgreich. Nichts anderes als Heuchelei!

Shinzo Abe wich aber der Verantwortung vor den Oppositionen aus, indem er den Beamten die Schuld zuschob.

2. Das Abe-Kabinet übte auch 2018 Druck auf das Finanzministerium aus. Das war ein sehr schlimmer Fall. Ein ehrlicher Beamter Toshio Akagi in dem Finanzamt in der Kinki-Gegend beging deshalb Selbstmord. Er wurde nämlich dazu gezwungen, offizielle Urkunden umzuschreiben, und litt danach unter Depression.

Das alles geschah, weil der damalige Premierminister Shinzo Abe das Skandal seiner Frau Akie Abe* verstecken wollte.

Sie war Ehrenpräsidentin eines Kinderhortes, dessen Direktor Yasunori Kagoike ein Hauptmitglied der Gesellschaft „Nihon Kaigi **(Japan-Konferenz)“ war.

* Des Ex-Premierministers Frau Akie Abe ist eine in einem Sinne unbegfangene naive Frau und verrückt auf Spiritualism. Sie übernahm alle Angebote, ihren Namen zu benutzen. Man sagte, ihr Mann, Shinzo Abe, konnte sie nicht kontrollieren.

** Nihon Kaigi ist eine ultrarechte shintoistische Gesellschaft. Es gibt auch unter Abgeordneten im Parlament eine Organisation namens „ Nihon Kaigi Giin Renmei( Die Abgeordneten-Union der Mitglieder von Nihon Kaigi). Alle Minister, die zur Freie Demokratische Partei gehören, sind Mitglied dieser Union. Auch der Ex-Premierminister Shinzo Abe und der jetzige Yoshihide Suga sind Mitglieder dieser religiös-sektischen Gesellschaft Nihon Kaigi.

2015 wollte Kagoike seine Grundschule gründen und suchte ein Grundstück für die Schule. Er fand ein staatseigenes Land, das man kaufen konnte. Er verhandelte mit dem Ministerium für Land, Infrastruktur und Transport über diese Angelegenheit. Er wollte den Preis des Grundstückes von 956 ,000,000 Yen( 7,6 Millionen Euro) zu 134,000,000 Yen(1,1 Millionen Euro) senken lassen. D.h. er wollte sich das Grundstück um 822,000,000Yen (6,5 Milionen Euro) billiger kaufen.

Am Anfang lehnten die Beamten des Ministeriums das unrechte Angebot ab, aber als Kagoike ihnen ein Photo zeigte, auf dem Frau Abe und er standen, andeutend, dass das Angebot vom Abe-Kabinett kam, änderten sie ihre Meinung durch „Sontaku“ und akzeptierten die 80 % Preisermäßigung aufgrund „der Ablegung des Mülls im Untergrund des Grundstücks“( Genauen Prüfungen nach gab es aber da keinen Müll.)

Es stellte sich später heraus, dass Frau Abes Sekretärin bei einer Abteilung des Finanzminsteriums nach dieser Angelegenheit telefonisch fragte.

Bevor diese Tatsachen ans Licht kamen, gab es am Perlament heftige Diskussion zwischen dem Premierminister Abe und den Oppositionen über den Fall der außergewöhnlichen Preisermäßigung des Staatsgutes. Von scharfen Fragen aufgeregt, erkärte Abe: „ Wenn meine Frau oder ich mit diesem Fall etwas zu tun hätte, würde ich nicht mehr ein Abgeordneter, sogar auch nicht mehr Premierminister sein wollen!!“

Danach wurde ihm wahrscheinlich mitgeteilt, dass der Name seiner Frau in den Urkunden des Finanzamtes über die Verhandlung stand.

Dann wurde es bestimmt von seiten des Premierministers den betreffenden hohen Beamten befohlen, die Urkunden zu ändern. Ohne Anweisung des Premierministers hätte so ein großes Unrecht nicht geschehen können.

Diese Aufgabe wurde einem Unterbeamten Toshio Akagi auferlegt. Er wurde dazu gezwungen und beging Selbstmord.

Meiner Meinung nach war das ein unmittelbarer Mord.

Abe wich aber wieder der Verantwortung aus.

Ohne „Sontaku“ von hohen Beamten wäre das alles nicht möglich gewesen.

Neuerdings steigt aber die Anzahl der Leute an, die diese Redewendungen als Hürde vor der Unabhängigkeit des Individums und der Demokratie ansehen, so dass die Redewendung „Sontaku suru“ derzeit sehr oft im negativen Kontext benutzt wird und auch „ Kûki o yomanai“ ―die Negation von „Kûki o yomu“ ― nicht selten im guten Sinne benutzt wird:

Z.B.

Ein Slogan der Tokyo Zeitung:

„東京新聞は空気を読まない！“

Tokyo Shimbun wa Kûki o yomanai.

Das bedeutet eigentlich, „Wir Journalisten an der Tokyo Zeitung wollen nicht die schlechte Absicht der Regierung unterstützen!“

Dabei wird der Druck zur Integrieung kritisch so genannt:

同調圧力

dôchô atsuryoku

Das bedeutet: geheimer Zwang zum Ja-sagen zur Meinung der meisten/oberen Leute.

Ich persönlich hasse diese Redewendungen.