Die Landschaft des ICH

Aus dem Inneren beobachtet

Übersetzt am 1. Juni 2021 aus einem japanischen Essay, der 1992 von mir geschrieben wurde

Das erste, das ich in meinem Gesicht unklar sehe, ist meine Nase. Ich sehe sie mit meinen eigenen Augen. Sie sind sozusagen Kameralinsen, durch die die Bilder der Außenwelt in mir vergegenwärtigt werden. Die Nase da kann man mit einer ungeschickten Person vergleichen, die sich hinunterbeugen muss, damit sie der Kamera nicht im Wege steht.

Jetzt sitze ich auf einem Stuhl und sehe hinab. Da finde ich den Rest meines Körpers, Brust, Arme und Bauch, und dann am weitesten Weg liegen die Beine.

Ich bestätige das wieder, wenn ich bade und in der Badewanne liege. Ich bestätige, dass mir diese Körperteile bis zu den Zehen gehören.

Wenn ich stehe, ist mein Kopf von diesen Körperteilen gestützt. Wenn ich gehe, tragen ihn der Oberkörper und die Beine.

Stellen Sie sich hier wieder vor, dass die Augen sozusagen Kameralinsen sind, hinter denen das Ich steckt.

Der Kopf kann mit einer Kamera verglichen werden, hinter deren Linsen das Ich vorhanden ist.

Das Ich existiert also sozusagen in der Kamera, hinter den Linsen.

Man kann ja sagen, dass ich eine wandelnde Kamera bin.

Wenn ich meine Augen zumache, verschwindet die visuelle Welt. Wenn meine Ohren zugehalten werden, verschwindet auch noch die akustische Welt. Wenn ich ohnmächtig werde, verschwindet die ganze Außenwelt.

Man könnte sagen, dass diese Welt nur durch meine Sinne, mein Bewusstsein, hervorgerufen ist.

Aber diese Außenwelt kontrolliere ich nicht. Ich kann sie durch mein Bewusstsein weder ändern, noch kann ich meinen Finger durch den hölzernen Tisch, an dem ich jetzt sitze, stecken. Mein Finger stößt an solide Substanz an. Dadurch kann ich erfahren, dass es in der Außenwelt etwas ganz Solides gibt, das ich nicht durchdringen kann.

Es gibt in der Außenwelt noch dazu andere Menschen. Diese sehen aus wie ich. Sie denken wahrscheinlich, wie ich denke, und teilen mir ihre Gedanken durch Sprache. Sie sind mir sehr ähnlich. Aber der größte Unterschied ist, dass ich ihren ganzen Körper von Kopf bis zu Fuß sehen kann, aber nicht meinen. Sie existieren in der Außenwelt, aber ich existiere im Inneren, hinter den Augen, den Kameralinsen. Das kann ich daran bemerken, dass ich meinen ganzen Körper nicht direkt sehe.

Der in sich mein Ich beinhaltende Kopf ist verbunden mit dem Torso und vier Gliedern. Wenn man den Kopf als Kamera ansieht, sind die anderen unteren Teile des Körpers ein Stativ, aber ein wanderndes. Hinter den Kameralinsen ist mein Ich. Die Kamera ist direkt verbunden mit dem beweglichen Stativ. So könnte man meinen Körper ansehen. Man kann sagen, dass mein Ich, das durch die Kameralinsen die Außenwelt beobachtet, vier Glieder (Arme und Beine) als einen beweglichen Apparat (ein Stativ) hat. Mein Ich ist stets in meinem Inneren, innerhalb der Kamera. Ich sehe die Außenwelt, in der die anderen leben, aus dem Inneren. Das ist der entscheidendste Unterschied zwischen mir und den anderen Menschen.

Diese Welt kann existieren, so lange ich sie beobachte. Ich bin es, der das Licht dieser Welt aufrechterhält. Wenn ich das Bewusstsein verliere, dann erlöscht das Licht dieser Welt, so dass sich diese in Nichts auflöst.

Einige würden aber behaupten:

Du kannst dich im Spiegel sehen. Ein Foto, auf dem deine Freunde und du zusammen stehen, beweist, dass du einer/eine von ihnen bist. Du stehst genau so zusammen wie die anderen auf dem Boden, und denkst genau so zusammen wie sie denken.

Aber können sie den Unterschied, den ich oben erwähnte, erklären, den Unterschied zwischen dem Innensein und Außensein? Haben sie vielleicht eine Meinung entwickelt, in der sie den Unterschied ignorieren?

Wollen wir alles, was wir für selbstverständlich halten, von neuem prüfen.

Warum kann ich die Gedanken der anderen nicht so direkt wie meine Gedanken erfahren?

Warum können die anderen ihre Gedanken hinter ihrem Gesicht verstecken?

Warum kann ich nicht durch die Wand hinein in die Nebenwohnung sehen? Es gibt überall um mich herum Wände. Ich bin von dicken Wänden umgeben.

Ob das Ich beim Tod verschwindet? Die Außenwelt wird bestimmt auch noch nach meinem Tod bestehen. Nur kann ich das nicht bestätigen, wenn ich tot bin. Wenn das diese Welt erkennende Ich verschwindet, verschwindet auch die wahrgenommene Welt.

Wenn ich meine Augen zumache, ist diese Welt nicht zu sehen. Wenn ich narkotisiert werde, verschwindet diese Welt für eine Weile. Man kann den Tod als den Zustand ansehen, in dem diese Weile auf ewig verlängert wird.

Wo ist das Ich dabei? Das Ich, das die Außenwelt durch Kameralinsen beobachtet hat?

Ist das Bewusstsein des Ich verschwunden, so dass das Ich sich in Nichts aufgelöst hat?

Eine andere Frage:

Es gab diese Welt schon vor meiner Geburt. Es gab die Tage, die meine Eltern bis vor meiner Geburt verbracht hatten. Es gab den Zweiten Weltkrieg, und ebenso den Rest der langen Geschichte der Menschheit.

Aber ich habe nichts davon selbst erlebt. Wenn ich nach dem Tod auch nichts mehr erleben sollte, kann ich sagen: Vor und nach meinem Leben in dieser Welt gibt es nur Nichts. Auf ewig gibt es Nichts in beide Richtungen, sowohl in die Vergangenheit als auch in die Zukunft. Dazwischen gibt es nur siebzig oder achtzig Jahre Lebenszeit.

Der Bruch der Grenze

Zwischen der Außenwelt und mir hängt ein Schleier, der die Wahrheiten der Dingen versteckt. Mit den eigenen Sinnen kann man nur die Oberfläche der Dinge wahrnehmen.

Giftige Pflanzen stehen und verlocken mich zum Pflücken. Der Fluss, der einmal ein Kind verschluckt hat, fließt nun sehr ruhig, als ob nichts passiert wäre. Niemand kann mehr erklären, was für eine Geschichte ein auf der Wiese vergessener Schlüssel hat.

Aber ich frage mich, ob der Schleier immer vor mir hängen muss, ob es gar nicht möglich ist, dass mein Ich ohne Schleier direkt mit den Dingen in der Außenwelt interagieren kann.

Dabei würden mir die giftigen Pflanzen selbst sagen, sie seien giftig, ich solle sie nicht pflücken.

Der Fluss würde murmeln, dass es ein Unfall gegeben hatte.

Der verrostete Schlüssel würde mir das Bild seines Besitzers zeigen.

Ist das alles nicht möglich?

Ob der Gedanke der anderen ohne Vermittlung von Worten mich direkt erreichen kann?

Es gibt von jeher viele solche Fälle in Märchen oder im Alten Testament.

In einem japanischen Märchen, dessen Titel „Drei Amulette“ heißt, geschieht das. In dem Märchen verirrt sich ein junger Mönch wegen des schlechten Wetters in ein Hexenhaus und schläft ein. Dann warnen ihn Regentropfen vor der Gefahr:

Pitsch! Pitsch! Kleines Mönchlein

Pitsch! Pitsch! Wach auf!

Pitsch! Pitsch! Steh auf!

Pitsch! Pitsch! Schau mal

der Alten Gesicht! Schau mal!

Sind alle Märchen nur erfundene Geschichten? Sind sie nicht Produkte von Völkern , die ihr kollektives Unterbewusstsein durch gesammelte Erfahrungen hervorbrachte?

Wie sollte man die Märchen interpretieren, wenn die Geschichten alle real wären:

Pflanzen melden sich, Regentropfen warnen vor Gefahr oder man spürt unmittelbar, was andere denken.

Es gibt aber bestimmt diejenigen, die es für sinnlos oder sogar schlecht halten, den Inhalt der Märchen verwirklicht sehen zu wollen.

Es gibt möglicherweise auch diejenigen, die behaupten, dass es nur einen Mangel an Fantasie beweise, Ähnlichkeit zwischen der Märchenwelt und unserer zu suchen. Man brauche nur Fantasie als solche zu genießen. Dabei handle es sich nicht darum, wie real die Handlung der Märchen sei, sondern nur darum, wie gegenwärtig man sich die Handlung vorstellen könne. In dieser Welt gäbe es selbstverständlich einige wundersame Sachen, die man nicht sachlich zu enthüllen, sondern nur zu bewundern brauche.

Aber wollen wir mal darüber nachdenken, ob wir wundersame Sachen nur bewundern sollten.

Falls man tatsächlich unmittelbar ohne Worte Gedanken austauschen kann, bedeutet das, dass die Wände, die die Grenze zu den Dingen darstellen, nicht so solid sind. Die Grenze zwischen den anderen und mir verschwimmt. Sie kann gegebenenfalls sogar verschwinden, so dass die Sachen, die hinter der Wand unsichtbar waren, direkt in mir sichtbar werden.

Was kann man dann durch die Wand sehen? Es ist sicher, dass es sich von dem unterscheidet, was man mit den Augen sieht. Denn, die Bilder, die man mit den Augen sieht, sind z.B. die Gesichter der Menschen, die ihre Gedanken verstecken oder die Gegenstände, die keine Erinnerung an ihre ehemaligen Besitzer haben.

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Ein Engel könnte aber alles anders sehen als Menschen. Der Engel, der in Hans Christian Andersens Märchen „Der Engel“ erscheint, tut das auch so.

In dem Märchen starb ein Kind. Der Engel lässt das Kind, bevor er es in den Himmel bringt, noch einmal die Orte dieser Welt sehen. Er sammelt von der Müllkippe eine verwelkte Blume und eine Scherbe ihres Blumentopfs, und bringt sie mit dem Kind in den Himmel. Denn er weiß, dass diese Blume im Topf am Fenster eines Zimmers stand, an dessen Bett ein kränklicher Junge gefesselt war, und dass die Blume ihn bis zu seinem Tod tröstete.

Aber ist es nur ein Engel, der die einem Ding eingeprägten Erinnerungen abrufen kann?

Erweiterung der Erkenntnisgrenze

Stellen wir uns den Zustand vor, in dem zwischen dem Ich und der Außenwelt keine Wand mehr steht.

Es ist im Mai, zu Hause. Die Sonne strahlt ihr Licht durchs Fenster ins Zimmer.

Dann verschwindet auf einmal die Wand zwischen Außen und Innen. Da sieht man im Zimmer zahlreiche winzige Staubpartikel, meistens Faserstaub, schweben, die funkeln, indem sie das Sonnenlicht reflektieren. Aber man bemerkt nicht nur das. Man spürt, woher jeder Staubpartikel kommt. Er kommt von dem eigenen Kleid oder von dem eines Familienmitgliedes. Sehr gegenwärtig tauchen die Gesichter jedes Familienmitgliedes auf.

Daneben fühlt man auch den milden Wind und die warme Sonne im Freien. Man fühlt sich gedrungen, das Haus zu verlassen. Dann sieht man die Aura der Gräser auf der Wiese leuchten. Man hört Melodien erklingen, während sie wachsen. Heilkräuter strahlen angenehme Wellen auf die eigene Haut aus. Verwelkende Kiefer sind von einer grauen Aura umgeben.

Wenn man zum Himmel aufblickt, kann man sehen, wie die Trauer der Toten durch das Sonnenlicht geläutert wird.

Man fühlt vom Himmel feine Wellen der Planeten Venus und Mars herunterkommen.

Wenn man an seine Bekannten denkt, tauchen in einen deren Gedanken und Gefühle auf. Sie fließen in einen hinein.

Wenn man an verstorbene Menschen denkt, kann man merkwürdigerweise ihre Anwesenheit fühlen und komplette Reinheit ihrer Seele. Das alles fühlt sich grandios an.

Der Abend beginnt. Der Mond geht auf. Erinnerungen an die uralte Erde erscheinen. Man sieht eine Gruppe verstorbener Seelen vom Mond hinunterkommen, um wieder auf Erden zu leben.

Zu Mitternacht, wenn alle ruhig schlafen, entflieht der Erde ein großer, aber feiner Schleier. Das Diesseits lässt also schlafende Seelen, die von der Erde befreit sind, als Schleier in den Himmel.

Träume schweben im Schlafzimmer, gemischt mit ausgeatmeter Luft.

Es dämmert am Horizont im Osten. Die Sonne geht auf. Das erste Sonnenlicht vertreibt mit dessen Heiligkeit Dämonen aus dem Dunklen

Entfesselung

Die neue Dimension, in die man nach dem Abriss der Wand zwischen der Außenwelt und dem Ich eintreten würde, wäre als eine Welt anzusehen, in der man die Seelen der Verstorbenen zum Himmel steigen sieht, oder man der Spur der vom Mond herunterkommenden Seelen folgen kann. In dieser Welt würden Dinge ihr wahres Wesen enthüllen. Man würde von heiligen Engeln empfangen werden.

Das alles könnte vorkommen, wenn man sich auf diese neue Dimension einlassen würde.

Aber was passiert mit der Außenwelt, wenn ich sterbe? Wird diese Welt mit all dem verschwinden, was sie uns als sichtbare Dinge zeigtt? Und was passiert mit der wahren Welt, die hinter der Wand existiert?

Wollen wir hier wieder von vorne anfangen.

Das Ich existiert in der Kamera hinter Linsen, sozusagen ist es darin gefesselt.

Das Ich beobachtet durch die Kameralinsen die Außenwelt. Das Ich ist immer innerhalb der Kamera, im Innern. Wenn das die Außenwelt wahrnehmende Ich verschwindet, verschwindet damit auch die wahrgenommene Außenwelt. Deswegen verschwindet beides, das Ich und diese Welt.

Aber wollen wir uns einen Zustand vorstellen, in dem die Wand zwischen dem Ich und der Außenwelt nicht so solid ist, so dass mir das wahre Wesen der Dinge erscheinen kann. Die Dinge offenbaren mir ihr wahres Wesen. Dann verschwindet der Unterschied zwischen Innen und Außen.

Wenn das tatsächlich vorkommen würde, dann müsste mein Ich nicht mehr innerhalb der Kamera eingesperrt bleiben. Wenn es die Gedanken der anderen direkt wahrnehmen könnte, und wenn die Dinge ihm ihre eigene Lebensgeschichte zu erzählen beginnen, dann kann man sagen, dass der Apparat Kamera nicht mehr sehr solid ist, und die Kamera nicht mehr mein Ich in sich fesseln kann.

Das Ich ist nicht mehr an dem Körper gefesselt. Die Materialität des Körpers wird instabil. Das Ich überschreitet das Materielle, das die Grenze zwischen Außen und Innen bildet. Das Ich gehört auch nicht mehr zum materiellen Gehirn. Es braucht nicht mehr das Gehirn, um zu wirken.

Hier findet man eine Möglichkeit der selbständigen Existenz des Ich, unabhängig vom Körper. Das Ich könnte dann auch nach dem Tod weiter existieren.

Viele von denjenigen, die ein Nahtoderlebnis hatten, behaupten, dass sie eine ruhige zeitlose Welt erlebten, in der sie ihre verstorbenen Verwandten oder schöne Lichtwesen getroffen haben sollen.

Ist das nicht die Welt, die das Ich, befreit vom Körper, ohne die Wand sehn kann?

Ist die Verbundenheit zwischen dem Ich und dem Körper auch bei den Nahtoderfahrenden nicht mehr stark, sondern locker? Ist die Welt, die sie sehen, die gleiche wie die, in der man von Pflanzen angesprochen und von den Gedanken der anderen direkt erreicht wird?

Wer während des Lebens keine Erfahrungen dieser Art sammelte, würde sicher nach dem Tod, ganz befreit vom Körper, in diese neue Welt hineingehen, die jenseits der Wand existiert.

Diese Seele würde neugierig über den anderen Leuten fliegen, deren Gedanken spüren, und die Eigenschaften der Pflanzen an Farben der Aura erkennen.

Sie würde bestimmt lange Zeit auf der Erde und über den Leuten hin und her fliegen.

Wer eine so böse Seele hat, wie das Mädchen in Andersens Märchen „Mädchen, das auf das Brot trat„ ,für den würde irgendwann auch die Zeit kommen, in der sich die Tür zur Lichtwelt öffnet, und der wie das Mädchen erst nach den langen Proben endlich in den Himmel gehen kann.

Den oben vorgestellten Essay „die Landschaft des Ich“ habe ich die Studenten im Rahmen meiner Vorlesung über deutsche Literatur lesen lassen, die auch dazu ihren Kommentar schreiben konnten. Einige davon werden unten zitiert.

Übrigens, ich habe sie darüber nicht informiert, dass der Essay von mir geschrieben wurde. Der Essay wurde ihnen sozusagen anonym gegeben, um eine Voreingenommenheit der Studenten zu vermeiden.

Mein Essay wurde ihnen nämlich bei der Rückgabe ihrer Kommentare zu Michael Endes Text „Kontinuität des ICH“ mitausgeteilt.

a) Als ich den Essay „die Landschaft des Ich“ las, bereitete er mir Angst, aber ich fand ihn auch interessant. Ich fragte mich: „Kann man so logisch seinen Gedanken entwickeln?“ Ich bekam Kopfschmerzen. Ich konnte nicht mehr klar denken. Ich möchte solche Dinge vergessen, eher nur musizieren, mich mit Freunden amüsieren und nachts ruhig schlafen, ohne mir über so etwas Gedanken zu machen.

b) (diese Autorin war auch die des Kommentars A in meinem Essay „Die Erinnerung an meine unkonventionelle Vorlesung“)

Zu meiner Überraschung fand ich „Die Landschaft des Ich“ inhaltlich meinem Kommentar zu Michael Endes Text sehr ähnlich. Es freute mich, dass es außer mir noch eine andere Person gibt, die sich mit der gleichen Frage wie ich beschäftigt. Darüber hinaus wird darin die Bedeutung der Metapher „Kamera“ erklärt, was ich nur unklar beschreiben konnte. In diesem Essay fand ich mein Problem ausformliert. Ich dachte: „Ach, so klar kann man erklären, was ich mich fragte!“

Als ich den letzten Teil, den der Autor wahrscheinlich als Schluss seines Artikels schrieb, las, dämmerte es mir langsam, wie man das Rätsel des Ich lösen kann. Aber was ich noch beantworten muss, ist die Frage der Existenzwerts des Körpers, denn der Autor behauptet, dass das Ich sich nach dem Tod vom Körper entfernen würde. Wozu existiert dann der Körper? Warum kann das Ich, während des Lebens, nicht aus der soliden „Kamera“ herauskommen?

Meine Vermutung: unser Körper existiert, um materielle Gegenstände wahrzunehmen, um die Solidität des hölzernen Tisches wahrzunehmen, durch den wir unseren Finger nicht stecken können.

Ich finde es für Menschen notwendig, etwas zu ertasten, etwas zu berühren. Die Kälte des Eises, die Weichheit des Holzes, die Wärme des Menschen. Da wir den Körper haben, können wir diese Empfindungen spüren, und sie in uns behalten, oder? Ist das richtig gedacht?

Das Rätsel des Ich bleibt immer noch ungelöst. Mir scheint, als ob ich auch ein hartnäckiger Fragensteller Willi wäre.

(Vgl. Michael Endes Bilderbuch „Lirum Larum Willi Warum“)

c) „Die Landschaft des Ich“ war für mich zu schwer, und gar nicht zu verstehen. Als ich das las, habe ich fast den Verstand verloren. Die Frage nach dem Ich ist wirklich endlos.

d) (diese Autorin war keine Studentin, sondern eine extra durch das Internet an den Aufgaben meiner Vorlesung teilnehmende, ältere Frau, die eigentlich eine Leserin meiner Homepage „Die Welt von Rudolf Steiner“ war.)

War es nicht ich, die diesen Essay Wort für Wort geschrieben hat? Das kam mir in den Sinn, als ich ihn zu lesen angefangen habe.

Wenn ich diese Ausdrucksfähigkeit besäße, hätte ich ihn auch so formuliert wie diesen Text. So ähnlich war dies meinen Vorstellungen, die in mir immer, wenn auch nicht so klar, vorhanden sind.

Ich mag Morio Kitas Novelle „Ein Junge“ sehr. Einen ähnlichen Feinsinn und ein tiefes Gefühl habe ich auch in diesem Artikel gefühlt. Wenn ich auf dem Sand des Strandes oder auf der Wiese liege und nur am Himmel ziehende Wolken sehe, frage ich mich oft, warum ich nicht ein Teil der Wiese, nicht ein Stein hier unten, nicht eine Wolke da oben bin. Wenn ich so liege, scheint mir, als ob ich eins mit den Dingen sein könnte. Ich wäre ein Stein oder ein Teil der Wiese. Wo läge die Grenze zwischen mir und den Dingen?

Meine Augen sehen immer die Gegenstände in der Außenwelt. Auf diese Weise nehme ich sie wahr. Könnte ich trotzdem existieren, selbst wenn ich nichts fühlen könnte, nichts wahrnehmen könnte?

Das, was ich absolut nicht kann, ist, mich selbst, wie die anderen, von außen zu sehen. Wie sehr mich das erstaunen würde, wenn ich das könnte!

Ich vermute, dass mein Ich, wenn ich es von außen sehen würde, ziemlich anders aussähe.

Sehr eindrucksvoll ist der letzte Abschnitt „Entfesselung“.

Wer ein Nahtoderlebnis hatte, der erlebte eine ruhige zeitlose Welt, in der er seine verstorbenen Verwandten oder schöne Lichtwesen traf.

Ist das nicht die Welt, die das Ich, befreit vom Körper, über die Wand sehen kann?

Wen die Pflanzen ansprechen, dessen Verbundenheit zwischen dem Ich und dem Körper ist vielleicht locker?

　Ähnliches denke ich auch gelegentlich. Ich fühle mich dabei sehr frustriert.

Ich fühle, als ob ich mich fast in Luft auflösen würde, aber das passiert nicht.

Ich fühle, als ob ich mich im Jenseits so wiederfinden würde.

Ich fühle, als ob ich in eine Welt treten würde, in der ich mit dem Universum eins wäre, als ob ich ohne Körper diese Welt besuchen würde. Das ist bestimmt eine Illusion, aber so fühle ich mich oft. Und ich fühle oft, als ob diese Welt mich rufen würde. Ist dieses Jenseits ein sogenanntes Kollektivunbewusstsein des Universums?

Wenn ich zum Himmel aufblicke, wird in mir ein Gefühl ausgelöst, das an Heimweh erinnert.

Nachdem ich so offen geschrieben habe, was ich meine, findet ihr mich möglicherweise fast verrückt, aber es ist die Wahrheit.

Dies ist wohl ja mehr als ein Kommentar? Ich weiß, dass das alles sicher chaotisch aussieht.