Mit was für einem Gefühl wende ich mich dem Tod zu

15.2.2021

Alle Menschen sind sterblich. Aber junge Leute brauchen nicht daran zu denken. Sie dürfen sich nur mit ihrem Leben beschäftigen, da sie zur Welt gekommen sind, um jemand zu lieben, eine Familie zu bilden, oder als Einzelgänger zu leben. Dabei handelt es sich nicht um den Tod. Ihr Lebensende liegt weit entfernt von ihnen. Sie brauchen es nicht zu berücksichtigen.

Aber je älter man wird, desto mehr erlebt man Abschiede. Abschied von seinem Freund oder seiner Freundin, oder Abschied von einem seiner Geschwister. Man vermisst sie und sieht sie eventuell nicht wieder. Sie sind so gut wie tot, obwohl sie irgendwo weiterleben.

Aber dann muss man den ewigen Abschied erleben, den Tod seines Opas oder seiner Oma, dann seines Vaters oder seiner Mutter. Das ist ein Signal dafür, dass auch das eigene Leben irgendwann enden muss. Trotzdem lebt man weiter, sobald die Begräbnisse vorbei sind. Das ist aber ganz normal. Man muss weiterleben. Man hat seine Aufgaben, die man für sich oder für seine Familie übernehmen will.

Dann bekommt man eine überraschende Nachricht, dass einer/eine seiner ehemaligen Kameraden/Kameradinnen oder Kommilitonen/Kommilitoninnen gestorben ist. Man meint: „Er/ Sie ist so alt wie ich. Vielleicht bin ich auch bald dran.“ Man wird bald den Abschied von dieser Welt erleben.

Wie gegenwärtig man sich den Tod vorstellt, hängt aber von seinem Alter und Gesundheitszustand ab.

Tatsächlich kann man sich nur schwer vorstellen, was sehr Alte oder Schwerkranke kurz vor ihrem Tod empfinden.

Mein Vater lebte sein 101 Jahre langes Leben. Als er in seinen 90-er war und noch im Zimmer herumgehen konnte, fand ich ihn oft vor dem Foto seiner verstorbenen Frau (meiner Mutter) ,wie er mit ihrem Foto sprach. Dabei sprach er auch mit einem Foto seiner früh mit drei Jahren verstorbenen Tochter. Er als Christ betete auch oft. Ich bemerkte, er lebte nicht mehr im Diesseits, sondern fast im Jenseits. Die Grenze zwischen Diesseits und Jenseits war bei ihm schon unklar. Ich konnte mir seinen seelischen Zustand in seinen 90-er nicht ganz klar vorstellen.

Wie weit man Alte oder Kranke verstehen kann, ist unterschiedlich je nachdem wie alt man ist, oder wie der eigene Körperzustand ist. Möglicherweise steht man dem Tode auch anders gegenüber, jenachdem, ob man an eine Religion glaubt oder nicht.

Ich bin ein 73 jähriger Rentner, noch ziemlich gesund und beschäftige mich gern mit meinen Aktivitäten. Ich schreibe jeden Tag entweder auf Japanisch oder auf Deutsch. Ich gebe einmal pro Woche online Deutschunterricht für Bewohner in meinem Bezirk und halte einmal pro Monat ein „Webinar“ für die Mitglieder meines Rudolf Steiner Lesekreises ab. Da ich sieben Enkelkinder habe, sollte ich mich gelegentlich um eins oder mehrere von meinen Enkelkindern kümmern. Zu Hause helfe ich meiner Frau im Haushalt. Ich wasche, staubsauge und koche das Mittagessen. Ich sehe auch fast jeden Abend lustige Fernsehprogramme mit meiner Frau an, um mich zu entspannen.

Aber ich glaube, dass ich maximal noch zehn Jahre leben werde. Dem Tod wende ich mich so meinem Alter entsprechend zu.

Neben meinem Alter muss ich aber noch ein anderes Element hinzufügen; die Kenntnisse über das Leben nach dem Tod. Diese Kenntnisse eignete ich mir von der Geisteswissenschaft Rudolf Steiners an.

Diese Kenntnisse kann man meinem Artikel „ Das Leben nach dem Tod“ entnehmen.

Das, was ich jetzt beschreiben möchte, ist das Gefühl von mir, mit dem ich mich dem Tod zuwende. Wenn ich zur Erleuchtung gelangen würde und alle Sinne kontrollieren könnte, wäre es ganz einfach, das Gefühl zu beschreiben. Man sollte es nur als „ruhig und gelassen“ charakterisieren. Aber meine geistige Entwicklung ist noch nicht so weit gegangen. Ich bin ein fauler Geistesschüler, dementsprechend bin ich wahrscheinlich mehr sensibel und empfindlich als ein Eingeweihter in die Geisteswelt, so dass ich mehr Worte brauche, um von meinem Gefühl gegenüber dem Tod zu erzählen.

Vor dem Tod habe ich keine große Angst, weil ich weiß, dass mein Ich auch nach dem Tod existiert.

Ich weiß, es gibt Leute, die diesen Gedanken von mir nicht akzeptieren wollen.

Mir ist es aber egal, ob sie ihn für eine Phantasie halten.

Auf jeden Fall sollen alle Menschen zum Tor des Todes hinausgehen, entweder ins ewige Nichts (für Atheisten) oder in die lichtvolle Geisteswelt.

Ich akzeptiere den letzten Fall, da dieser logischer erscheint. Wer erkennt das ewige Nichts, wenn der Erkennende verschwunden ist?

Ich muss gestehen, auch wenn ich viele Kenntnisse über das Leben nach dem Tod gesammelt habe, habe ich ein unsicheres Gefühl, als ob ich in eine fremde Welt eintreten würde.

Mit meinen Kenntnissen weiß ich, dass ich nicht in eine ganz neue Welt eintrete, sondern in die Welt zurückkehre, von der ich komme. Diese Welt hier sei eine Schattenwelt von der wahren Welt, der Geisteswelt, behauptet Rudolf Steiner.

Ich kann mich aber nicht an die Welt erinnern, von der ich komme.

Ich habe anscheinend alles über meine früheren Leben vergessen. Ich habe mich schon in diese Welt eingelebt, an das Leben hier gewöhnt.

Desto fremder scheint die neue Welt. Scheint, habe ich gesagt, weil ich doch an Steiners Weltanschauung glaube. Ich kann somit behaupten, dass die Geisteswelt mir wohl nicht fremd ist.

Das bemerke ich möglicherweise, sobald ich zum Tor des Todes hinausgehe. So ist es wahrscheinlich.

Mit solch einem Gefühl wende ich mich dem Tod zu.